Obwohl ich mich ja nun schon über 2 Jahre mit dem Thema Nachhaltigkeit in der Mode beschäftige, war ich am Samstag das erste Mal auf einer Kleidertauschparty.
Greenpeace lud zur #Tauschdichaus -Party ins Haus 73 auf der hamburger Sternschanze ein – das durften eine Freundin und ich uns selbstverständlich nicht entgehen lassen. Von 12 bis 17 Uhr konnten tauschfreudige Besucher ihre alten Schrankhüter gegen neue Lieblingsteile wechseln.
Im Haus 73 angekommen bekam man eine kurze Info und einen Zettel, auf den man zu mindestens einem mitgebrachten Teil, mit dem man etwas bestimmtes verbindet oder mal verbunden hat, diese persönliche Geschichte aufschreiben konnte. Die Greenpeace Mitarbeiter erhofften sich durch die kleinen Nachrichten, dass die neuen Besitzer das frisch getauschte Kleidungsstück so noch lieber mögen und somit auch länger tragen würden.
Wir schrieben unsere Geschichten auf die Etiketten, knoteten sie an die Teile und schon standen wir am Empfang, bei dem wir unkompliziert unsere nicht mehr gebrauchten Sachen abgeben konnten. „Legt einfach alles auf dem Tisch hier ab – Danke!“ Meinten die trotz des Gewusels tiefenentspannten Mädels in ihren knallgrünen Shirts.
Obwohl man eigentlich nur 1-10 Teile abgeben sollte, habe ich kleiner Rebell ganze 14 Sachen abgegeben. Pssssst! ;)
Die abgegebenen Sachen wurden nun von den fleißigen Greenpeace Mitarbeitern auf Bügel gehängt und zu Kleiderstangen getragen, gefaltet und geordnet zu den passenden Tischen gebracht.
Zunächst stöberten wir etwas planlos durch die Gänge und durchsuchten die Stände nach potentiellen neuen Lieblingsstücken. Nach der ersten gedrehten Runde waren wir beide ein wenig enttäuscht: Nicht viel in meiner Größe, nicht viel in unseren Farben bzw. in Stoffen, die gut einzufärben wären. Ein paar Dinge hatten wir zwar trotzdem in den Händen, aber nichts, das wirklich unsere Begeisterung geweckt hätte. Etwas ernüchtert setzten wir uns auf zwei Barhocker, die recht vorne am Empfang standen.
Wir beobachteten das wilde Treiben – bis einige neue Besucherinnen und damit auch ein ganzer Schwung neuer Klamotten dazukamen. Da wir ganz vorne standen und bereits beobachten konnten, welche Teile nun neu „ins Sortiment“ wanderten, stachen uns einige Sachen sofort ins Auge, die wir uns direkt von den Greenpeace Mitarbeitern geben lassen konnten.
Als wir nun beide das Gefühl hatten, ein paar neue Lieblingsstücke entdeckt zu haben und bereits zufrieden mit der Ausbeute waren, entschied sich in just diesem Moment die Welt dazu, unterzugehen. Es fing an zu Blitzen und Donnern und der Regen wollte nicht aufhören.
„Sollen wir die Sachen dann mal anprobieren gehen?“ fragte meine Freundin. Darüber hatten wir vorher überhaupt nicht nachgedacht – schließlich hatten wir beide noch weniger als 10 Teile auf dem Arm, so dass wir einfach alle hätten einstecken und mitnehmen können.
Doch da wir nun wirklich noch nicht nach Hause gehen wollten, gingen wir in den Bereich, der zum Anprobieren vorgesehen war: eine Ecke, in der mehrere Spiegel und ein paar Stühle zur Klamotten-Ablage platziert waren. Beim Anprobieren sortierten wir noch einmal einige Stücke aus – zu groß, Schnitt unvorteilhaft, zu kurz, blöder Stoff.
Ich bin wirklich froh, dass wir noch zum Anprobieren geblieben sind – hätten wir das nicht gemacht, wäre ich mit einigen Teilen nach Hause gegangen, die, zu Hause einmal angezogen, direkt wieder in der Flohmarkt-Kiste bei den anderen aussortierten Stücken gelandet wären. So konnte man die Teile direkt vor Ort lassen und den anderen Besucherinnen noch die Chance geben, es für sich zu entdecken.
Mit 4 (ich) und 8 (meine Freundin) Teilen standen wir nach der Umkleiden-Aktion noch einmal kurz in der Nähe des Empfangs, an dem eine Besucherin auf meine Freundin zukam und ihr ein T-Shirt vom Arm riss: „Das hier hätte ich gern wieder. Ich hatte das falsch verstanden. Und die Lederjacke, die dabei war, auch.“ Leider hatten wir von der Lederjacke nichts gesehen – was sie uns zunächst wohl nicht zu glauben schien.
Wir fragten uns: Was war an dem Prinzip nicht zu verstehen? War sie enttäuscht? Das T-Shirt, das sie sich von meiner Freundin zurück geholt hatte, war von H&M. Also nichts sonderlich spezielles. Die Regeln waren auf dem Weg zum 1. Stock sogar noch auf 3 Plakaten erklärt worden. Doch vielleicht zu grob? Hatte sie die Regeln bei Facebook nicht gelesen? Schade, dass es scheinbar trotzdem noch zu Missverständnissen kam. Vielleicht war diese Besucherin bereits auf einigen Tausch-Partys gewesen; meistens werden die Klamotten dann bewertet und je nach Zustand werden Punkte oder Münzen vergeben, die sich dann in neue Lieblingsstücke eintauschen lassen.
Ich kann zwar keinen Vergleich zu anderen Tauschpartys machen, hier aber trotzdem mein Fazit:
Für mich war es eine gelungene Kleidertauschparty-Premiere. Ich hatte endlich mal wieder einen Grund und eine Deadline, um meinen Schrank auszumisten.
Die Organisation von Greenpeace war wirklich super – es gab Live-Musik von einem DJ, für Kuchen und Getränke war gesorgt und die Mitarbeiter waren gut gelaunt und hilfsbereit.
Das Vorurteil, dass „alle nur ihren Ramsch mitnehmen“ hat sich zwar nicht bestätigt, doch ich muss sagen, dass viele Teile dabei waren, die man unter anderen Bedingungen bereits vorher hätte aussortieren können. So hatte man aber ein noch größeres Erfolgserlebnis, wenn man ein tolles Teil auf einem der Ständer entdeckt hat.
Die übrig gebliebenen Teile wurden übrigens zur Kleiderkammer Wilhelmsburg gebracht. Sie verteilt die Kleidung an bedürftige Menschen in Hamburg gegen Spende; für Obdachlose ist die Kleidung kostenlos.
Während ich zwar einen Plan im Kopf hatte von dem, was ich noch gerne zu meinem Kleiderschrank dazu addieren würde (ein Streifen-Shirt, eine relaxed fit 90s Jeans, einen schlichten, langen schwarzen Cardigan und einen leichten Sommermantel) aber mir diese doch recht speziellen Teile einfach nicht begegnen wollten, hatte meine Freundin durchaus einfachere Wünsche: Crop Tops und Jeans Shorts für den Sommer! Anstatt direkt nach der ersten Crop Top und Shorts-freien Runde verzweifelt das Handtuch zu schmeißen, schauten wir uns die Sachen noch einmal genauer an: Was kann man färben? Abschneiden? Umnähen? Und nach und nach häuften sich die Kleidungsstücke auf ihrem Arm.
Unter anderem erstand sie dieses Kleid im Leo-Print , dessen Schnitt und Passform uns beiden nicht so zusagte. Doch mit dem Gedanken im Kopf „Das kann man unter der Naht super abschneiden! Crop Top, here we go!“ landete es auf dem „Mitnehmen“-Stapel. Und so sah unsere Aktion dann aus:
Das Kleid war übrigens komplett ungetragen; das Preisschild (Neupreis 9,99€, reduziert auf 5€) war noch dran. Allgemein haben wir hauptsächlich Sachen von Fast Fashion Brands gesehen: H&M, Primark, Zara. Doch meine Freundin hat immerhin ein T-Shirt aus Organic Cotton mitgenommen. Ich musste mich tatsächlich überwinden und habe mir die Frage gestellt, ob ich diese Sachen wirklich mitnehmen will oder sollte. In 2 Sachen habe ich überhaupt nicht gefunden, wo sie hergestellt wurden, ein Teil war Made in China, das andere in Marokko. Ich hatte kurz ein komisches Gefühl im Bauch. Vielleicht, weil es mich an alte Zeiten erinnert hat; Zeiten,in denen ich schon genau dieses Gefühl im Bauch hatte: „Irgendwie ist es nicht richtig, das zu kaufen, aber ich mach’s jetzt trotzdem.“ Zeiten, in denen ich mir bereits bewusst war, welches System ich mit meinen Einkaufen unterstützte und ich bei jedem Einkauf ein schlechtes Gewissen hatte – aber immer weiter einkaufte… Wie ihr seht, habe ich mich aber doch dafür entschieden, die Teile mitzunehmen– denn schließlich ist Secondhand-Kaufen immer noch unschlagbar in Sachen Nachhaltigkeit. Jedes getauschte Teil mehr bedeutet ein weggeschmissenes Teil weniger. Gebrauchte Kleidung von Fast Fashion Brands zu verschmähen stellt sich für mich persönlich nicht als sinnvoll dar.
Und das hier sind die Teile, die es in meinen Kleiderschrank geschafft haben:
Ein graues Shirt mit schwarzen Ärmeln, ein leicht durchsichtiges, langes Print-Tanktop, ein langärmliges Kleid aus weißer Spitze und ein süßer kurzer Jumpsuit.
Hier ein paar Tipps für eure nächste Kleidertauschparty:
– Ein Outfit anziehen, in dem man sich unkompliziert umziehen kann! Ich hatte beispielsweise ein schwarzes Top und einen kurzen Faltenrock an – mit den bequemen Slip Ons und meiner geräumigen Tasche von Beliya das perfekte Outfit für stressfreies Umziehen in der Gruppenumkleide.
– Das mit dem Rock ist auch immer besonders praktisch, da man andere Röcke, Jeans und Shorts unkompliziert anprobieren kann, ohne dem Rest des Raums seinen Allerwertesten entgegenstrecken zu müssen… Möchte man auch Oberteile anprobieren, vorher daran denken, einen halbwegs schönen BH anzuziehen (oder ein Bikini-Top, falls es euch unangenehm ist, in Unterwäsche dazustehen).
– Nur Kleidung zum Tauschen weggeben, bei der man sich wirklich sicher ist, dass man sie nicht mehr anziehen wird und sie beispielsweise auch nicht lieber einer Freundin geschenkt / sie auf Kleiderkreisel verkauft hätte, etc. – so vermeidet man vor Ort eine panische Suche nach den eigenen Sachen und freut sich, wenn man sieht, dass anderen die eigenen ausgedienten Stücke gefallen.
– Nehmt euch die Zeit und probiert die Sachen an! Somit vermeidet ihr weitere Schrankleichen bei euch zu Hause und gebt den anderen Besucherinnen noch die Chance auf ein neues Lieblingsteil. Bei dem Umkleidebereich lagen auch noch auffällig viele schöne Teile herum – was natürlich total Sinn macht, da in dem Bereich dann schon die erste Selektion stattgefunden hat. Lohnt sich also allemal, in den Umkleide-Ecken vorbeizuschauen!
– Geht nicht mit den Erwartungen zur Party, für 10 abgegebene Teile auch 10 neue Lieblingsstücke zu finden.
– Versucht beim Sichten der Klamotten kreativ zu denken: Was suche ich? Kann ich das Kleidungsstück färben, umnähen oder abschneiden, um das zu bekommen, was ich haben möchte?